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Teilnehmer: Stefan Roman
Zeitraum: 13 - 27 November 2003
Gebiet: Anden, Altiplano in Argentinien und Chile, Calchaqui Tal, Abra Acay, Paso Sico
Zurückgelegte Strecke : 815 km




Nützliche Informationen
 

Nach der letztjährigen Fahrradtour, von Peru nach Südpatagonien, wollte ich nun ueber zwei der höchsten Andenpässe. Eigentlich wollte ich den Paso Agua Negra von Argentinien nach Chile überqueren, bis nach La Serena fahren und dann weiter im Norden, von Copiapo über den Paso San Francisco nach Tinogasta fahren. Für diese Strecke hatte ich zwei-einhalb Wochen eingeplant.

Mittwoch am Nachmittag stieg ich also in Mendoza in den Bus nach Jachal (18 pesos). Die 5 Stunden fahrt durch Halbwuestenlandschaft sind schnell vergangen, da ich fast die ganze Zeit geschlafen habe. Jachal, eine kleine verschlafene Stadt in der Provinz San Juan, ist idealer Ausgangspunkt für den Paso de Agua Negra. Es gibt fuer den Notfall sogar 2-3 Fahrradläden wo man das nötigste für sein Fahrrad findet.

Am nächsten Tag starte ich Richtung cordillera nach Rodeo. Die Strasse verlaueft entlang dem Flusstal nach Rodeo. 6 km vor dem Ort kommt die Cuesta de Viento, ein grosser Stausee, der wegen seiner konstant starken Winde von Sufern aus der ganzen Welt besucht wird. 18 km hinter Rodeo liegt Las Flores, letztes Dorf vor der argentinisch-chilenischen Grenze. Hier erfahre ich die schlechte Nachricht, dass der Pass noch gesperrt sei und nicht befahrbar sei. Es werde gerade oben gearbeitet, um den Pass mögllicherweise für Mitte Dezember zu öffnen. Damit hatte ich nicht gerechnet, da mir alle möglichen Leute gesagt haben, der Pass wäre befahrbar.

Spontane Planänderung: Bussfahrt von Rodeo, Jachal über San Juan (10 pesos) nach Monteros (41 pesos) (südlich von Tucuman). Von Monteros in einem anderen Bus nach Cafayate (22 pesos). Da war ich schon letztes Jahr, von Salta kommend und weiter nach Monteros über die Abra Infernillo bis nach San Fernando del Valle de Catamarca gefahren. Ich wollte irgendeinmal die Strecke von Cafayate nach Cachi hochfahren und die calchaqui Dörfer besuchen. Dies war dann nun die geeignete Gelegenheit dafür. Ich entschied diese Strecke zu fahren, dann von Cachi aus über die Abra Acay, dem höchsten Pass Südamerikas nach San Antonio de los Cobres (es gibt anscheinend einen Pass in Peru der noch hoeher ist, steht aber in dieser Form nicht auf Karten). Von da aus würde ich dann nach San Pedro de Atacama in Chile fahren.

Cafayate ist in ganz Argentinien für die sehr guten Weine bekannt, die in der Region angebaut werden (Rotweinsorten wie Malbec, Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon und Weissweine wie Torróntes und Chardonnay der Haueser Etchart, Michel Torino und Santa Maria). Es ist ein ruhiges kleines Städtchen das im Sommer von vielen Touristen besucht wird. Die Weinkeller rund um die Stadt bieten Führungen und Kostproben an. Hier in Cafayate liegt Argentiniens höchstgelegens Weingut, auf fast 2000 m.

Die Ruta 40 nach Norden ist bis kurz hinter San Carlos asphaltiert, von wo aus die Schotterpiste anfängt. Entlang dem Fluss führt die Strasse durch verschiedene kleine Dörfer (La Merced, Payogastilla, Santa Rosa). Die Landschaft ist oft atemberaubend, der Canyon mit seinen bizzaren Formationen wechselt oft vom intensiven dunkelrot-, zu gelb-, grün- und braungefärbten säulenförmigen Wänden. Dank verschiedener Bewässerungskanäle wird fast das ganze Tal für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Die Dörfer, die schon in kolonialer Zeit entstanden sind (Angastaco, Seclantas, Molinos, Cachi) leben heute von der Landwirtschaft und dem ständig steigenden Tourismus in der Region. Es wird hauptsächlich Gemüse (Zwiebeln, Tomaten, Bohnen, Erbsen) angebaut, aber auch Mais, Kartoffeln und Weizen wachsen in den bewaesserten Feldern gut. Diese werden oft noch mit Pferden oder Stieren geackert.

Die knapp 160 km nach Cachi habe ich in drei Tagen zurueckgelegt. Da ich immer mit viel Gepäck fahre und die Strasse oft sandig war, bin ich nicht mehr als 50-60 km am Tag gefahren. Oft muss man in den Nachmittagsstunden eine Pause einlegen, da es bei über 35 Grad und Windstille schwer zu fahren ist. Wasser kann man in allen Dörfern bekommen, ausserdem gibt es viele Häuser am Strassenrand. Man kann ebenso in allen grösseren Dörfern in einfachen Restaurants essen.

In Cachi angekommen, bin ich direkt zu einem Schweisser gefahren, um meinen gebrochenen Lowrider schweissen zu lassen. Ich habe gut und billig im Residencial Rosa übernachtet, eine Strasse weiter unten von der Plaza. Es gibt in Cachi einen Fahrradladen, etwa 2 Strassen westlich von der Plaza. Internet gibt es im Centro Cultural, von der Plaza führt eine Strasse südwestlich hoch, dann muss man links diagonal abbiegen.

Von Cachi, das auf 2280 m liegt, fängt dann der Anstieg zur Abra Acay an. Die ersten 12 km sind asphaltiert, dann beginnt wieder die Schotterpiste. Bis nach La Poma sind es 60 km, 800 m Höhenunterschied, die grösstenteils auf dem letzten Abschnitt bewältigt werden. La Poma ist dann die letzte Ortschaft bis San Antonio de los Cobres. Es gibt die nächsten 20 km noch vereinzelte Häuser wo man Trinkwasser bekommen kann. Es gibt sogar ein modernes Hostal in La Poma, direkt an der Plaza.

Früh morgens bin ich losgefahren, um möglichst nahe an den Pass zu gelangen. Die Strasse nach San Antonio de los Cobres über die Abra Acay, ist mit 4895 m die höchste Passstrasse Südamerikas. HhhHHHhH 18 km talaufwärts liegt Saladillo, wo es eine Schule (Internatsform) gibt. 4 bis 5 km davor gibt es eine Ziegenfarm, wo man billig sehr guten Ziegenkäse kaufen kann. Nach Saladillo gibt es nur noch zwei Häuser, das letzte 33 km hinter Poma, am Ende einer kurzen Abfahrt von einem ebenen Feld (guter Zeltplatz)- 600 m davor überquert man einen kleinen Bach. Abgeschottet wohnt hier eine Familie (dona Flavia und Damiana) die Lamas züchtet. 2 km vom Haus entfernt, vor der ersten Serpentine (nach links) (es folgt eine Serie von Haarnadelkurven) die zu Pass hinaufführt, gibt es einen kleinen, etwas unebenen und schiefen mit Gras bewachsenen Zeltplatz- so ziemlich der einzige, denn das Tal ist eng und nur im Bachbett gibt es ab und zu ebene Plätze. Dieser Zeltplatz liegt laut meinem Höhenmesser auf 4040 m. Hier fängt der Anstieg zur Abra Acay an. Trinkwasser kann man aus dem Bach nehmen (wer an der Qualitaet zweifelt, kann ein paar Mikropurtabletten reinschmeissen, Lamas grasen talaufwaerts von diesem Platz). Die Strasse führt nun in konstanten Schritten bergauf, es wechseln sich Serpetinenstrecken mit etwas flacheren Anstiegen ab. Die letzte Möglichkeit Wasser zu Tanken (bis San Antonio de los Cobres) ist auf ca. 4400 m, bei der Ãœberquerung eines Baches (4,5 km nach der ersten Haarnadelkurve)- man sieht davor auf der anderen Talseite in entgegengesetzte Richtung die Strasse gerade ansteigen. Etwa 8 km vom Zeltplatz entfernt, gibt es wieder ein ebenes Stück wo man eventuell Zelten könnte, auf ca. 4550 m. Von hier kann man die letzten 8-9 Kurven sehen die zum Pass hinaufführen. Der Pass liegt rechts von ein paar spitzen Felsen die am Kamm zu erkennen sind. Es sind insgesamt 13,5 km Anstieg von der ersten Serpentinenkurve aus auf 4040 m bis zum Pass.

Die letzte Nacht vor dem Pass hat es 4 Stunden geregnet. Als ich morgens aufgewacht bin, war der Himmel wolkenlos und die ganze Gebirgskette verschneit, jedoch ist der Schnee bis auf 5000 m im Laufe des Tages geschmolzen. Die letzten 5 km vor dem Pass waren für mich auch die schwersten. Wegen des schnellen Anstiegs, habe ich wenig Zeit gehabt, mich richtig zu akklimatisieren. Das heisst dann auf über 4500 m fast nur schieben. Und in welchem Rhythmus: 20 Schritte schieben, 1-2 Minuten Pause, immer ein schluck Wasser. Ab und zu bin ich auch aufs Rad gestiegen, aber die Pausen wurden dann öfter und länger. Es kommen dann immer diese Momente, wo man sich fragt, was man den ueberhaupt hier oben sucht, wieso man nicht einfach mit dem Auto Urlaub macht, oder sich einen schoenen, ruhingen Strand irgendwo in der Karibik sucht... wenn jeder Atemzug im Hals und in der Lunge schmerzt, man Kopfweh hat und spuert wie jemand einem die Augen aus dem Kopf druecken will... tja, da gibt es viele Antworten, Leute die Radtouren machen wissen es genau.

Oben am Pass angekommen, habe ich die obligatorischen Passfotos gemacht und den atemberaubenden Ausblick auf die cordillera und den Altiplano von fast 5000 m Höhe genossen. Na ja, eigentlich sind es genau diese Momente der stillen Einsamkeit, des Stotzes und der Befriedigung die einen dazu veranlassen, so etwas zu machen.

Die naechsten 27 km bis zur Kreuzung mit dem Weg nach San Antonio gibt es eine staetige Abfahrt. Auf insgesamt 33 km geht es 1060 Höhenmeter bergab. Kurz vor San Antonio habe ich in der Ebene gezeltet.

San Antonio de los Cobres bot sich als Gelegenheit den Rest des nächsten Tages auszuruhen. Es warteten ja neue 360 km bis San Pedro de Atacama auf mich. Hier konnte ich noch die nötigen Lebensmittel einkaufen, einige Reparaturen beim Fahrrad durchführen (Kassettenlager wechseln) und heiss duschen. Die verschiedenen Hostals oder alojamientos kosten 10 pesos und sollten heisses Wasser haben. Essen kann man in verschiedenen Restaurants entlang der Hauptstrasse. Internet gibt es in einem Locutorio (Telefonkabinen, aber sehr teuer- 2,5 pesos für 15 Minuten) oder in der Municipalidad- kostenlos.

Diese specktakulaere Strecke ueber den Paso Sico nach Chile führt entlang von jahrtausende alten erstarrten Lavaflüssen, Salzseen, Lagunen und manchmal an mondähnlichen Landschaften vorbei. Auf den meisten Karten steht Paso Sico als Grenzuebergang von Argentinien nach Chile. Im spanischen versteht man aber unter „Paso“ nicht einen Pass in dem Sinne eines höchsten Punktes eines Anstieges, sondern als einen Ãœbergang. In Wirklichkeit gibt es auf der Strecke 4 Pässe die zu überwinden sind. Der erste liegt auf 4560 m, Abra Chorrillos, 28 km hinter San Antonio. Die restlichen 31 km bis Olacapato (4060 m) sind leichte Abfahrt aber der Zustand der Strasse verschlechtert sich oft, es kommen Portionen mit Sandbecken und wellblechförmigem Belag. Olacapato ist einer dieser andinen Dörfer, die auf Besucher wie ein Geisterdorf wirken. Viele der Häuser sind unbewohnt, zerstört. Die meisten Einwohner sind Minenarbeiter oder Subsistenzbauern die Ziegen oder Lamas in der Gegend züchten. Es liegt viel Müll herum, Plastiktüten fliegen durch die Luft oder sind an den verschiedenen Büschen hängengeblieben. Die Kinder machen einen verwahrlosten Eindruck. Es gibt einen Kiosk im Dorf und ein Campamento einer Prospektionsfirma, wo man Brot kaufen kann und eventuell im Hof zelten kann.

Olacapato ist somit der letzte bewohnte Ort bis Socaire in Chile und letzter Posten vor der argentinischen Gendarmerie, die 64 km entfernt liegt. Ebenfalls ist es die letzte Möglichkeit um Wasser zu bekommen. Von Olacapato aus geht es weitere 8 km leicht bergab, nach Cauchari (3997 m), das unbewohnt ist. Dort beginnt ein leichter, 12 km langer Anstieg bis auf 4080 m, zum Rande des Salars de Rincon. Auf teilweise sehr schlechter Strasse erreicht man nach 44 km die Gendarmerie, ein grosses Gebäude wo Fahrradfahrer die Möglichkeit haben, auf der Isomatte zu übernachten. Normalerweise fängt um 12-13 Uhr ein sehr starker Gegenwind an (von West nach Ost). Da es mir nicht möglich war, bis zur Gendarmerie zu kommen, musste ich etwa 18 km davor, am Schild „Rio Catua“ wo ein Betonrohr unter der Strasse hindurchführt, übernachten. Hier ist die Strasse etwas höher und bietet Schutz vor dem Wind. Es hat trotzdem etwa 40 Minuten gedauert, bis ich das Zelt aufgestellt hatte. Einmal im Zelt drinnen, ist es ein befreiendes Gefühl, mal nicht diesen Wind um die Ohren geweht zu bekommen. Sobald es aber dunkel wird, lässt der Wind allmählich nach. Die Nächte sind auf dieser Höhe wunderschön. Bei Vollmond ist es sehr hell draussen und der Himmel ist voller Sterne.

Kurz hinter der Gendarmerie (3880 m) beginnt dann ein neuer Anstieg. Nach 12 km markiert ein grosses Schild die Grenze zu Chile. Hier verlaueft die Grenze nicht an einem hoechsten Punkt, oder Wasserscheide (die Taeler enden oft in den Salaren und haben weder zum Pazifik noch zum Atlantik eine Abfluss), sondern geradlinig. Das ist eigentlich der Paso Sico- 4160 m. Aber es geht weitere 12 km bergauf, zur Abra Sico (4492 m). Es folgen 7 km Abfahrt, bevor es wieder 7 km bergauf geht, zur Abra El Laco (4580 m). Auf der Hälfte der Strecke liegt die Station der Carabineros und des SAG El Laco, wo man wieder Wasser tanken und eventuell übernachten kann. Bei der SAG (Servicio Agricola y Ganadero) muss man alle Fruechte und Gemuese die man dabeihat deklarieren, sowie auch alle Produkte tierischer Herkunft. Es ist verboten, sie nach Chile einzufuehren, da somit Krankheiten wie Maul- und Klauensaueche nach Chile gelangen koennen.

Das Campamento minero (Minenarbeiter camp) El Laco liegt 3,5 km hinter dem Pass ist ebenfalls Möglichkeit zum Ãœbernachten. Bis zur Laguna Tuyaito (4084 m) geht es weiter bergab (22 km vom Pass aus). Nach einem kurzen Anstieg (3,5 km - 4120 m) kommt man zum Salar Aguas Calientes, an dessen Rand man 12 km lang fährt- eben, leicht bergab. Auf 3990 m, am Ende des Salars folgt nun der letzte grosse Anstieg von etwa 18 km auf knapp 4200 m. 14 km vom Salar entfernt, biegt ein Weg rechts ab und führt, nach 5 km bergab und 8 bergauf (dann wieder 2 bergab) zur Laguna Minique, am Fusse des gleichnamigen Vulkans. Hier kann man Vicunas beobachten und schwarze Gänse auf dem See, die sich mit Hilfe von Algen inselartige Nester auf dem See bauen. Gleich hinter dieser Lagune befindet sich die etwas groessere Laguna Miscanti. Der Ausblick ist wunderschön, etwa 5 Vulkane sind in einer Richtung zu erkennen und die stark kontrastierenden Farben wirken wie irreale Landschaften auf den Betrachter. Auf jeden Fall ist die Strecke für Radler zu empfehlen.

Der Weg von der Laguna Miscanti führt zum letzten kurzen Anstiegt, zum Kontrollhaus des Parque Nacional Los Flamencos, von wo man in 6 km Abfahrt wieder zur Hauptstrasse gelangt. 6 km weiter, fängt dann eine lange Abfahrt an (von 3920 m auf 2650 m- 33 km). Nach 15 km faehrt man nach Socaire rein, die erste Ortschaft nach Olacapato. Für die, welche in Richtung Argentinien fahren, ist Socaire letzte Möglichkeit um Wasser zu tanken (das Wasser aus den Seen wuerde ich nicht trinken, es ist sehr salzig). Die letzten 75 km nach San Pedro de Atacama fährt die Strasse bis Toconao hoch und runter (leicht), danach flach. San Pedro de Atacama ist ideal zum ausruhen, Tagesausflüge bieten sich zur Valle de la Luna, zu den Geysieren El Tatio und in die nahe Umgebung an. Es ist ein kleines Touristenloch, mit vielen Restaurants, Internetcafes, Fahrradverleih (mit Service), Hostals. Ein paar km ausserhalb, Richtung Paso Jama gibt es ein Schwimmbecken.

Grösstes Hindernis auf dieser Strecke ist der starke Gegenwind gewesen, der täglich ab Mittagszeit zu wehen anfängt. Dafür sind die paar km Teilstrecken mit tiefem Sand und Kies ein Kinderspiel, man kann ja ab und zu schieben, aber der Wind demoralisiert manchmal einen. Dafür wird man jeden abend mit einem sternenklaren Himmel belohnt. Wenn das selbstgekochte Essen auch noch sehr gut schmeckt, steht einer langen ruhigen, zur Regeneration nötigen Nacht nichts mehr im Weg.

 

 
 
 
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